Bad Kreuznach | Diakon Michael Stahl geht nach 47 Jahren in den Ruhestand

Diakon Michael Stahl - Porträtfoto

Als erstes Projekt für seinen Unruhestand hat sich Diakon Michael Stahl vorgenommen, die Glocke samt Gestell im Innenhof „seines“ Elisabeth Jaeger Hauses zu sanieren und instand zu setzen.

Sein Nachfolger in der Leitung des Elisabeth Jaeger Hauses ist eingearbeitet, Kolleginnen und Kollegen aus der Seniorenhilfe der Stiftung kreuznacher diakonie wissen Bescheid, Mitarbeitende, Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihre Angehörigen sind informiert: Diakon Michael Stahl geht zum 30. September in den Ruhestand.

Aber: „Tatsächlich weiß ich bis heute nicht, was es bedeutet, in den Ruhestand zu gehen“, sagt er. Nach 47 Jahren Tätigkeit für die Stiftung kreuznacher diakonie gibt es daher in der ersten Oktoberwoche keinen Tag in seinem Kalender, der ohne einen diakonischen Termin auskommt.

Neue Diakonen-Ausbildung war "genau die richtige Mischung"

Nach seinem Abitur 1977 kam der gebürtige Birkenfelder nach Bad Kreuznach, um hier zu bleiben. Damals wurde die Diakonen-Ausbildung bei der Stiftung kreuznacher diakonie ins Leben gerufen und Michael Stahl gehörte zu den ersten Absolventen. Wie sich herausstellte, bot sie genau die richtige Mischung aus Theologie und Sozialpädagogik, die er sich gewünscht hatte. Zunächst absolvierte er aber ein einjähriges Vor-Praktikum im Lehrlingsheim, einem Wohnheim für körperbehinderte junge Männer. Im darauffolgenden Grundseminar lebte Michael Stahl zusammen mit den anderen angehenden Diakoninnen und Diakonen im damaligen Brüderhaus unter der strengen Aufsicht des damaligen Ältesten und seiner Frau, die sehr genau darauf achteten, dass die Paare, die sich in der Zeit fanden, bloß nicht händchenhaltend auf dem Diakonie-Gelände unterwegs waren.

Diakonisch-theologischer Unterricht wechselte sich mit Einsätzen in den Einrichtungen ab. Praktische Erfahrungen sammelte Michael Stahl bei der Wohnungslosenhilfe auf der Eremitage und auf dem Niederreidenbacher Hof – damals eine Einrichtung für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen – von wo aus er den Umzug der Bewohnerinnen und Bewohner in das neue Bodelschwingh Zentrum in Meisenheim begleitete. Anschließend folgte die dreijährige Fachausbildung an der „Fachschule für Sozial- und Milieupädagogik“ in Bethel, von 1983 bis über die Jahre nach seiner Einsegnung zum Diakon 1985 hinaus arbeitete Michael Stahl wieder im Lehrlingsheim.

Über lange Jahre Ältester der DGP

„Und dann kam an der 100-Jahr-Feier der Stiftung kreuznacher diakonie, nach einem Festgottesdienst an Pfingsten in der Bad Sobernheimer Matthiaskirche, die Frage, ob ich Ältester der Diakonischen Gemeinschaft Paulinum werden wolle. Ich habe zugesagt.“ 1989 bis 2006 leitete Diakon Michael Stahl die Geschicke der DGP, einem Zusammenschluss von Diakoninnen und Diakonen, die innerhalb und außerhalb der Stiftung kreuznacher diakonie tätig sind und sich in der Seelsorge oder der kirchlichen Gemeindearbeit einbringen. „Die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche haben mich gereizt. Neben der Geschäftsführung der DGP waren meine Frau Petra und ich ja am Anfang auch die `Brüderhauseltern´ - haben also zusammen für die Schülerinnen und Schüler gesorgt und tagsüber mit ihnen zusammengelebt“, berichtet er. Dieses Konzept wurde später aufgegeben und durch die Umwandlung von einer Vollzeit- hin zur berufsbegleitenden Diakonen-Ausbildung entfiel auch das Zusammenleben der Schülerinnen und Schüler im ersten Ausbildungsjahr.

Engagiert in Gremien und Netzwerken

Die Umgestaltung des Geschwister Scholl Hauses zu einer zentralen Begegnungsstätte mit Jugend-Gästeetage zählte genauso zu seinen Aufgaben wie die zwischenzeitliche Leitung der Diakonen-Ausbildung in den Zeiten von Vakanzen. In all den Jahren ist Michael Stahl immer auch eines: ein Netzwerker. „Es war mir wichtig, dass ich als Ältester in den Stiftungsgremien vertreten bin. Von Anfang an war ich im Ethikausschuss, dem Kuratorium und dem Diakonie-Rat dabei. Aber auch eine politisch-gesellschaftliche Positionierung der Diakonischen Gemeinschaft war mir wichtig.“  Als erste Überlegungen aufkamen, das alte Feierabendhaus der Diakonissen durch einen Neubau zu ersetzen, stand Michael Stahl vor der Frage, ob er sich beruflich noch einmal verändern will. Und so kam es, dass das diakonische Urgestein nach 17 Jahren als Ältester beruflich die längste Zeit – nämlich weitere 18 Jahre – als Einrichtungsleiter des Elisabeth Jaeger Hauses in der Seniorenhilfe tätig war.

Neuer Karriereschritt in der Seniorenhilfe

Im Laufe dieser Jahre haben sich verschiedene ethische Fragestellungen ergeben, mit deren Lösung er sich gerne auseinandersetzte. Gerade die Zeit der Corona-Pandemie „war gespickt von ethischen Fragen“, erinnert er sich. Täglich mussten wichtige Entscheidungen getroffen werden. „Als Einrichtungen und als Personen haben wir in der Seniorenhilfe optimal zusammengearbeitet und uns aufeinander eingestellt, haben dieselben Maßnahmen umgesetzt. Stringente Kontrollen nach außen haben uns nach innen Freiheiten gebracht. Gerade die Kooperation mit Einrichtungsleiter Andreas Kerner vom Wohnpark Sophie Scholl lief hervorragend.“ Die Auswirkungen seien aber bis heute zu spüren: „Es war für alle ein absoluter Energiefresser und diese Energie wiederzuerlangen ist nicht einfach.“

Als Mitglied des Rates der Diakonischen Gemeinschaft Paulinum, des Diakonie-Rates sowie des vor kurzem ins Leben gerufenen Fördervereins Seniorenhilfe Rheinland-Pfalz e. V. bleibt der Unruheständler weiter aktiv. Diese Gremien schätzen ihn auch wegen seiner kritischen, ehrlichen und anpackenden Art. „Ein bisschen „Anarchie“ gehört dazu, wenn man für die anvertrauten Menschen und die Kolleginnen und Kollegen etwas bewegen will“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Die Seniorenhilfe verabschiedet Diakon Michael Stahl am Mittwoch, 2. Oktober, um 14:30 Uhr mit einem Gottesdienst in der Diakonie Kirche.