Bad Kreuznach | „Sie sprechen schlecht über unser Zuhause“

Frauenbeauftragte der Bewohner in der Behindertenhilfe, Silke Haas, meldet sich zu Wort. Foto: Stiftung kreuznacher diakonie/Andrea Djifroudi

BAD KREUZNACH. Silke Haas ist keine Frau, die ein Blatt vor den Mund nimmt. Sie ist seit fast einem Jahr Frauenbeauftragte für die BewohnerInnen der Behindertenhilfe in der Stiftung kreuznacher diakonie. Ihre Aufgabe: Die Beratung von Menschen, die entweder ein Problem mit MitbewohnerInnen oder auch MitarbeiterInnen haben. Ihr aktuelles Thema: Das Image der Behindertenhilfe in der Öffentlichkeit.

„Den Menschen ist nicht bewusst, dass Sie über unser Zuhause sprechen“, sagt Silke Haas. Sie möchte ihre Perspektive als Vertreterin der Bewohnerinnen in die Diskussion einbringen: „Es wird behauptet, dass es hier in Bad Kreuznach keine Freizeit-Angebote für uns mehr gäbe! Das stimmt nicht. Es hat sich nur vieles verändert, manches ist neu dazugekommen, manches ist weggefallen“, erklärt die 28-Jährige, die trotz oder besser gesagt mit Rollstuhl gerne Boccia spielt. „Das Boccia-Team fährt übrigens bald nach Berlin zu einem Turnier.“

Ein zweites Thema macht sie „richtig sauer“: „Da gibt es Leute, die behaupten die Bewohner würden von den MitarbeiterInnen nicht richtig versorgt. Ich erlebe das hier nicht.“ Silke Haas wohnt derzeit in Alt-Bethesda, sie hatte aber auch schon mal im Paulinum gewohnt und auch in Wohneinrichtungen anderer Träger.   

Silke Haas hat aber noch ein drittes Thema und das macht sie „unheimlich wütend“: „Die Situation in den Weingärten war eine Notsituation, wie sie immer mal vorkommen kann“, erklärt Silke Haas, die auf dem Campus durch ihre Arbeit in der Werkstatt gut mit den anderen BewohnerInnen vernetzt ist und sehr genau kennt, was die Bewohnerinnen und Bewohner auf dem Campus bewegt. „In der Öffentlichkeit wurde alles über einen Kamm geschoren.“

Ende August war es auf Grund massiver Personalausfälle an einem Wochenende in dem Haus an den Weingärten zu personellen Engpässen gekommen. Mitarbeitende hatten daraufhin, Angehörige von BewohnerInnen gefragt, ob der Sohn oder die Tochter übers Wochenende bei den Eltern betreut werden kann. Verschiedene Eltern hatten dem zugestimmt und das „Kind“ für die Zeit aus der Einrichtung abgeholt. In den Medien wurden einzelne Eltern zitiert, die die eine „Kette von Unzulänglichkeiten“ in der Behindertenhilfe angeprangert hatten. „Uns als Bewohnerinnen und Bewohner belastet eine solche Berichterstattung“, erklärt Silke Haas.

Die Frauenbeauftragte, die auch dem gewählten Bewohnerrat angehört, sagt dazu: „Man kann nicht alle Gruppen über einen Kamm scheren und dass es mal nicht gut läuft, kann überall mal vorkommen. Ein hoher Krankenstand kann schnell dazu führen, dass auch die verbliebenen Mitarbeitenden überlastet sind.“ Sie findet das vernetzte Dienstmodell gut, das in Alt Bethesda Mitarbeitende nicht nur auf ihrer eigenen Wohngruppe aushelfen, wenn das Personal krank wird.“